Arthrose

Degenerative Gelenkerkrankungen

Bei degenerativ bedingtem Gelenkschmerz stehen suffiziente kausale Therapieansätze bislang  nicht zur Verfügung. Somit stellt die Arthrose nach wie vor ein Problem ersten Ranges dar. Die Therapieziele  konzentrieren sich auf Schmerzlinderung oder  Beseitigung, Verbesserung der Gelenkfunktion und verminderte Progredienz und verminderte Progredienz des radiomorphologischen Bildes.

1. Nonpharmakologische Therapie (1)

Die nonpharmakologische Therapie beinhaltet  u.a. den Einsatz einer differentialindikativen physikalschen Therapie sowie konservativ- orthopädische Maßnahmen:

Angriffspunkte und Therapieformen der physikalischen Therapie bei Arthrose

  • Tropische Störung: Wärme, Bewegungstherapie ( Krankengymnastik, Unterwassergymnastik, Gang und Haltungsschulung), Niederfrequenztherapie, Wärme, Ultraschall,
  • Sekundäre Entzündung : Kryotherapie, passagere Ruhigstellung.
  • Konservativ- orthopädische Maßnahmen bei Arthrose
  • Festes Schuhwerk (inklusive Pufferabsätzen), orthopädische Schuhzurichtung, gegebenenfalls  Ausgleich einer Beinverkürzung,
  • Hilfsmittel:  z.B. Arthrodesestuhl, Gehstock, Unterarmgehstützen( zur Gelenkentlastung auf der Gegenseite), Rollator
  • Orthese (z.B bei Arthrose der Hand und Daumensattelgelenke zur Stabilisierung)
  • Stützstrümpfe bei begleitender venöser Innsuffizienz („phleboarthrotischer Symptomenkomplex“)

Fazit für die Praxis
Alle bei der Arthrose indizierten physikalischen Therapiemaßnahmen können unter Berücksichtigung der aktuell gültigen Heilmittelrichtlinie verordnet werden, um eine leitlinien- und patientengerechte Therapie durchzuführen. Für eine Reihe der physikalischen Therapieformen liegen im Rahmen von  Arthrose Wirksamkeitsstudien Evidenzen auf höchstem Evidenzniveau vor  (u.a. Krankengymnastik). Eine Monotherapie ist meist nicht sinnvoll.

2. Medikamentöse Schmerztherapie bei degenerativen Gelenkerkrankungen (2,3,4)

Auf nationaler Ebene finden sich zwei Leitlinien, die sich mit degenerativen Gelenkerkrankungen befassen. Beide sind hochrangig und aktuell.
Die S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC) zusammen mit dem Berufsverband der Ärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU)  aus dem Jahr 2009 konzentriert sich auf die Koxarthrose. Bei milden oder moderaten Schmerzen wird hier die Einnahme von Paracetamol empfohlen; gute analgetische Wirksamkeit habe auch Metamizol, wobei auf Nebenwirkungen zu achten sei. Bei starken Schmerzen können  kontrolliert Opioide eingesetzt werden. Zur Behandlung entzündlicher Prozesse werden nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) genannt, darunter auch die sogenannten selektiven COX-2 Hemmer (Coxibe), wobei sich die Autoren hierzu wegen aus ihrer Sicht noch nicht ausreichender Datenlage eine Neubewertung vorbehalten.

Bei Therapieresistenter aktivierter Arthrose können infiltrative Maßnahmen ergriffen werden. Eine Punktion des Gelenks und die gegebenenfalls respektive Injektion von Kortison unter sterilem Kautelen kann über die lokale Hemmung der Synthese von Arachidonsäure entzündungshemmend und schmerzstillend wirken. Zur Minimierung des Infektionsrisikos sind entsprechende Kontraindikation und hygienische Anforderungen unbedingt zu beachten. Die intraartikuläre Gabe von Steroiden (maximal vier pro Jahr und Gelenk) sei bei lokalisierten Entzündungszuständen  geeignet.

Die Studienlage bezüglich der intraartikulären Injektion von Hyaluronsäure im Rahmen der degenerativen Gelenkerkrankung ist nicht eindeutig, so dass die Entscheidung hierfür individualisiert erfolgen muss. Tendenziell kann einzelnen Hyaluronsäurepräparaten eine zeitlich limitierte Wirksamkeit in der symptomatischen Therapie früher Arthrosestadien bescheinigt werden (4).

Die Effekte von oral eingenommenen Glukoseaminen, Oxaceprol, Hvaluronsäure und Chondroitinsulfat werden als wissenschaftlich nicht abgesichert angesehen. Orale Nahrungsergänzungsmittel, deren Prinzip auf einer Substitution der chondralen Komponenten (z. B Chondroitinslfat, Proteoglykance etc.) beruht, haben sich in Studien bislang als unwirksam im Sinne der Hemmung der Strukturprogression erwiesen. Für Vitaminpräparat, Phytotherapeutika und Homöopathika sei eine Beurteilung der Evidenz nicht möglich.

Die Leitlinienkommissionen verschiedener Fachgesellschaften legten Leitlinien zu verschiedenen Formen der Arthrose vor. – weiter geht es dann korrekt: „Hier wird als Mittel der ersten Wahl ebenfalls Paracetamol genannt. Bei nicht ausreichender Wirkung und insbesondere bei aktivierten Arthrosen solle auf ein herkömmliches (traditionelles) NSAR (tNSAR) übergegangen werden, das nur über einen möglichst kurzen Zeitraum in möglichst geringer Dosierung und nicht parenteral zu geben sei. Wenn ein Risiko zur Entwicklung gastrointestinaler Komplikationen (Blutung, Ulkus, Perforation, etc.) besteht, sollten entweder ergänzend zu den tNSAR Gastroprotektiva (ProtonenpumpeninhibitorenPPI)  geben werden oder es sei auf selektive COX 2-Hemmer (Coxibe) auszuweichen. Beim Vorliegen kardiovaskulärer Risiken sollen alle NSAR (einschließlich Coxibe) streng indiziert und auch Opioide in Erwägung gezogen werden. Die Meinung der Arzneimittelkommission zu anderen medikamentös therapeutischen Optionen unterscheidet sich nicht von den Leitlinienhalten der DGOOC/BVOU, wie oben beschreiben.

Devise: NSAR so wenig und so kurz wie möglich!

3. Operative Behandlungen (2,3)

Eine zufriedenstellende kausale  Arthrosetherapie ist bis heute unverändert nicht möglich.
Operative Behandlungen können gelenkerhaltend (Arthroskopie,Gelenkumstellung, etc.) und gelenkersetzend (Endoprothetik),aber auch Gelenkversteifung (Arthrodese) sein.

Die Alloarthroplastik stellt bei den beiden Krankheitsentitäten Arthrose und entzündliche Gelenkerkrankung die gemeinsame Endstrecke unter kurativer Intention dar. Die Endoprothetik bei rheumatischer Grunderkrankung ist hierbei aufgrund mehrere Faktoren, wie z.B. osteoporotischer Knochenverhältnisse, destruierten Kapsel-/Bandstrukturen, teils vorgeschädigtem Integument sowie multilokulärem Befall operationstechnisch anspruchsvoller sowie komplikationsreicher als der arthrosebedingte Gelenkersatz.

Literatur:

  1. Lange U. Degenerative Gelenkerkrankungen. Arthritis + Rheuma 2012 1:12-15
  2. Schneider E. Medikamentöse Schmerztherapie bei degenerativen Gelenkerkrankungen. Arthritis + Rheuma 2012 1:18-23
  3. Holder M, Schöniger A, Rehart S, Kern PM. Der entzündliche Aspekt bei degenerativen Gelenkerkrankungen
  4. Schulz A, Basad E, Jerosch J. Intraartikuläre Hyaluronsäuretherapie bei Arthrose. Orthopädie & Rheuma 2010 11:32-35

Kontakt

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