Die Gicht
Wie entsteht Gicht?
Anders als die entzündlich-rheumatischen oder degenerativen Erkrankungen ist die Gicht eine Stoffwechselerkrankung. Sie ist die häufigste Form der Kristall-Arthropathie: bei diesen Erkrankungen kommt es durch gestörte Auf- und Abbauprozesse zur Bildung und Ablagerung von Kristallen in Gelenken und im anderen Gewebe, die eine lokale, häufig sehr schmerzhafte Entzündungsreaktion auslösen.
Bei der Gicht kommt es infolge von hohen Harnsäurespiegeln (Hyperurikämie) zur Ausfällung und Ablagerung von Urat (Harnsäuresalz)-Kristallen im Gewebe. Harnsäure ist ein natürliches Produkt des Zellabbaus und entsteht sowohl durch Zellumsatz körpereigener Zellen als auch durch Verwertung von aufgenommenen Lebensmitteln. Da der menschliche Körper nicht über die Möglichkeit verfügt, Harnsäure weiter abzubauen, wird diese zum größten Teil mit dem Urin über die Nieren und zu geringen Teil auch über den Darm unverändert ausgeschieden. Wird Harnsäure beispielsweise aufgrund einer Nierenschwäche oder der Einnahme bestimmter Medikamente nicht ausreichend ausgeschieden oder fällt durch Lebensstilgewohnheiten oder bestimmte Erkrankungen ein Überschuss der Harnsäure an, steigen die Harnsäurespiegel im Blut an.
In der Folge kann zu Kristallablagerungen an verschiedenen Stellen des Körpers kommen, hauptsächlich in Schleimbeuteln, Gelenken, an Sehnen, den Ohrknorpeln und unter der Haut. Auch in den Nieren und den harnableitenden Organen können Kristalle ablagern und zur Bildung von Nierensteinen und Nierenschwäche führen. Hohe Harnsäurespiegel stehen zudem im Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko für Herz- und Kreislauferkrankungen.
Gelenkgicht (Arthritis urica)
Zwischen dem Anstieg der Harnsäurespiegel bis zum Auftreten von tatsächlichen Krankheitszeichen können einige Jahre vergehen, wobei einem Gichtanfall („akute Gichtarthritis“) häufig ein Auslöser, wie außergewöhnlich reichhaltiges Essen, starker Alkoholgenuss, einer Infektionskrankheit oder auch ungewohnt starke körperliche Anstrengung vorausgeht. Vor einem Gichtanfall oder auch begleitend können allgemeines Krankheitsgefühl, Fieber, Kopfschmerzen und Übelkeit auftreten.
Der eigentliche Gichtanfall tritt typischerweise sehr plötzlich und oft in der Nacht auf. Bei einem Drittel der Patienten ist zunächst eines der Großzehen-Grundgelenke betroffen. Weitere betroffene Gelenke sind typischerweise das Sprung-, Ellenbogen– und Kniegelenk, im Verlauf aber häufig auch Hand– und Fingergelenke. Das Gelenk ist dabei merklich entzündet mit ausgeprägten (Berührungs-)Schmerzen, starker Schwellung, Überhitzung und rötlicher bis rot-bläulicher Verfärbung. Ohne medizinische Behandlung kann ein Anfall einige Tage dauern und auch nach dem Abklingen rasch erneut bzw. immer wieder auftreten, insbesondere wenn die zugrundeliegende Ursache der hohen Harnsäurespiegel fortbesteht.
Zwischen den akuten Gichtanfällen bestehen zu Beginn noch beschwerdefreie Phasen. Es kann jedoch zum Übergang in einen chronischen Krankheitsverlauf („chronische Gichtarthritis”) kommen, der zu ausgeprägten Schädigungen mit Schmerzen und Deformierungen der Gelenke führen kann.
Diagnose durch den Arzt
Der gesunde Mensch hat in der Regel einen Harnsäurespiegel von 3-6 mg/dl Blutserum. Harnsäurewerte über 6,5 mg/dl können zwar auf eine mögliche Gichterkrankung hinweisen, während eines akuten Gichtanfalls kann der Harnsäurespiegel aber sowohl erhöht, als auch normal oder gar erniedrigt sein. Begleitend kann es jedoch zu einer starken Erhöhung der Entzündungswerte im Blut kommen. Es ist unerlässlich, bei den typischen, oben genannten Krankheitszeichen frühzeitig einen Arzt hinzuzuziehen, um die korrekte Diagnose zu stellen. Zusätzlich kann der Nachweis von Harnsäuresalz-Kristallen in der Gelenkflüssigkeit aus dem befallenen Gelenk die Diagnose erhärten. Auch bildgebende Verfahren wie Gelenkultraschall oder Röntgenbilder liefern Hinweise auf das Vorliegen einer Gicht, allerdings meist erst Jahre nach Ausbruch der Krankheit.
Behandlung der Gicht
Eine wichtige Therapiesäule bei der Gicht ist die Umstellung der Lebensgewohnheiten, um künftige Gichtanfälle zu vermeiden. Bei keiner anderen Gelenkerkrankung hat der Patient so viel Einfluss auf den weiteren Krankheitsverlauf wie bei der Gicht. Dazu gehört die Gewichtsabnahme bzw. Halten des Normalgewichts durch eine ausgewogene, fleisch– und vor allem purinarme Ernährung und regelmäßige körperliche Betätigung. Wichtig ist zudem der weitgehende Alkoholverzicht und ausreichende Flüssigkeitszufuhr. Unterstützend kann eine Ernährungsberatung oftmals über die zuständige Krankenkasse in Anspruch genommen werden.
- Bei der medikamentösen Behandlung der Gicht kann unterschieden werden in Medikamente, die über die Absenkung des Harnsäurespiegels wirken und Medikamente, die in die Entzündung beim Gichtanfall und der chronischen Gicht einwirken.
Wirksame Medikamente zur Harnsäureabsenkung sind in erster Linie Allopurinol und Febuxostat. Seltener kommen noch die Medikamente Benzbromaron oder Probenecid zur Anwendung. - Um weiteren Gichtanfällen vorzubeugen, die gerade Beginn einer Harnsäuresenkenden Therapie verstärkt auftreten können, wird meist über mehrere Monate überbrückend mit Colchicum behandelt.
- Im akuten Gichtanfall können Nichtsteroidale Antirheumatika wie Ibuprofen oder Diclofenac sowie Glucocorticoide („Cortison“) vorübergehend Linderung bringen.
- Bei schweren Fällen der chronischen Gicht sind zudem Medikamente wirksam, die gezielt den Entzündungsbotenstoff Interleukin 1 bzw. dessen Wirkung hemmen.
- Da unter allen erwähnten Medikamenten insbesondere bei unsachgemäßer Anwendung zum Teil schwere Neben- und Wechselwirkungen auftreten können, obliegt die Therapieeinleitung und -steuerung einem Arzt.
Harnsäuregehalt von Nahrungsmitteln
Quelle: http://www.dalmaweb.de/purkateg.htm
Fleisch / Innereien |
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Nahrung |
Harnsäure(mg) |
Energie (kcal) |
Ente |
150 |
225 |
Fisch |
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Nahrung |
Harnsäure(mg) |
Energie (kcal) |
Dorsch/Kabeljau Anchovis |
180 260 |
75 280 |
Obst |
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Nahrung |
Harnsäure(mg) |
Energie (kcal) |
Apfel |
15 |
55 |
Gemüse |
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Nahrung |
Harnsäure(mg) |
Energie (kcal) |
Blumenkohl |
45 |
25 |
Getreide / Brot |
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Nahrung |
Harnsäure(mg) |
Energie (kcal) |
Buchweizen |
150 |
340 |
Nüsse / Samen |
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Nahrung |
Harnsäure(mg) |
Energie (kcal) |
Erdnüsse |
70 |
580 |
Eier / Fette / Milch |
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Nahrung |
Harnsäure(mg) |
Energie (kcal) |
Butter |
0 |
755 |
Sonstiges |
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Nahrung |
Harnsäure(mg) |
Energie (kcal) |
Bäckerhefe |
450 |
75 |
Kontakt
Rheumazentrum-Heidelberg
Medizinische Klinik (Krehl-Klinik)
Prof. Dr. med. H. M. Lorenz
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69120 Heidelberg
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